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Naturgeschichte der artifiziellen Welt, ab 1997

Aquarelle

Die Tradition naturkundlicher Pflanzendarstellungen reicht bis in die Antike zurück. In ihnen trifft wissenschaftliche Genauigkeit auf ästhetische Gesichtspunkte: Stets schwingt die Wertschätzung der Einzigartigkeit und Schönheit der Studienobjekte mit.

Regula Dettwiler nutzt diese Tradition zur Auseinandersetzung mit der Grenze von Natur und Kunst. Nicht nur der Titel ihrer Serie „Naturgeschichte der artifiziellen Welt“ verweist auf diesen Rückgriff. Auch medial bewegt sie sich mittels detailgenauer Aquarellmalerei möglichst nah an den Vorbildern. Wie bei einer tatsächlichen botanischen Untersuchung löst sie die Pflanzen in ihre Bestandteile auf und versieht sie mit Namen und Herkunftsort. Aber bereits diese verweisen auf ihre Gemachtheit: Sie sind „Made in Taiwan“ und somit aus Kunststoff hergestellt.

Durch die behutsame Auseinandersetzung mit den gekauften Kunststoffpflanzen verleiht Regula Dettwiler ihnen einen ähnlichen Stellenwert, wie ihn historisch die exotischen und seltenen Originale innehatten. Gleichzeitig stellt sie auch das Studium der Kunstpflanzen auf dieselbe Ebene wie ehedem die Erkundung des natürlich Vorgefundenen.

Damit verweist sie auf die Bedeutung von Natur in einer globalisierten Welt, in der kein Platz für natürliche Schwankungen ist. Die perfekt auf heutige Konsumanforderungen zugeschnittene Naturkopie ist immer und überall gleich frisch und wohlgeformt; dennoch bleibt die Sehnsucht nach dem Seltenen und Einzigartigen.

Text: Dom Museum Wien, 2020

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